Montag, 1. August 2011

Firmenslogan - bitte Profis überlassen, Teil 1




Machen wir uns nichts vor. Prognosen sind schwierig. Besonders, wenn sie die Zukunft betreffen…

Dieses alte Mark-Twain-Bonmot lässt sich vorbehaltlos übertragen. Zum Beispiel so: Kommunikation ist gar nicht so einfach. Besonders, wenn es um Sprache geht…

Zum Hintergrund: Auf meinen sommerabendlichen Radfahrten durchs Viertel schaue ich mir immer wieder gerne jegliche Werbung an. Stets auf der Suche nach Lobenswertem (vielleicht kann man nach über 20 Jahren Erfahrung im Job ja noch was lernen) und, offen gestanden, besonders gerne auf der Suche nach echten Werbe-Klöpsen.

Für Gleichgesinnte: An besonders guten Abenden wird man so etwa alle 2,5 km Fahrradstrecke fündig. Besonders ergiebig sind übrigens Baustellen bzw. Baustellenschilder.

Wussten Sie zum Beispiel, dass man „Treppen leben“ kann? Ich gestehe: Ich bis heute Abend nicht. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Schilderaufsteller Nähe Honigwiesenstraße bei uns um die Ecke. Denn seit heute Abend schaue ich alle Treppen dieser Welt mit völlig neuen Augen an.

Man kann Treppen jetzt „leben“ - ist das nicht großartig!?

„Wir leben (also) Treppen“ bzw. diese Firma tut das. Ich verspreche: Ich will das auch können und werde es gleich mal ausprobieren.

Also mal ganz abgesehen davon, dass der Claim ein ziemlich freches Plagiat der aktuellen Opel-Kampagne ist…


Wir leben Autos



… müsste ich (oder der Treppenverkäufer) laut Slogan jetzt also aktiv etwas tun. Nämlich „etwas leben“. Hmmm….

(Stunden später, sabbatical).

Ich glaub`, ich hab`s! Folgendes könnte der Claim meinen: Wenn ein Treppenkaufinteressent kommt, winde ich meinen Treppenverkäuferkörper wie eine Treppe. „Lebe“ sie gewissermaßen, ist das so richtig?

Ich unterstreiche damit meine tiefe Verbundenheit mit allen Treppen dieser Welt (den armen Treppen, den reichen Treppen, den nagelneuen Treppen, den so oft benutzten Treppen, den fröhlichen Treppen und natürlich auch den traurigen Treppen und so weiter). Damit schaffe ich, wie wir Kommunikationsexperten und Wortkünstler sagen, einen starken Impact. Eine intensive, ja beinahe treppenerotische Symbiose zwischen dem (meinem) Produkt und mir. Ist das gemeint?

Immerhin: Dem Claim verschafft man somit die ultimative Glaubwürdigkeit (Fachbegriff: Reason Why). Aber mal unter uns: Wie hoch stehen die Quoten, dass ich nach dieser Übung von den Herren mit den weißen Kitteln abgeholt werde… ?

Nach ein paar Stunden intensiver Beschäftigung mit der Frage, was dieser Slogan uns Treppeninteressenten wirklich sagen will, gebe ich auf und gleichzeitig zu: Diese Treppe ist mir zu hoch. Leiter… ;-)

Ich verspreche aber: Sobald ich draufkomme, was dieser Treppen-Claim von heute Abend bedeutet, melde ich mich wieder. Übrigens: Der Favorit für eine Lösung lautet aktuell:

Womöglich ist dieses neueste Paradebeispiel für einen grottenschlechten Firmenclaim nur eins: ein Treppenwitz?